altmarkgeschichte

Datenbank Historischer Grabmäler der Altmark





Charlotte Louise Schultz

Alex

Sterbedatum:
20.12.1783
Konfession:
evangelisch
Ort:
Dambeck
Standort:
Kirchhof
GPS:
11.157998 - 52.801697

Beschreibung:
Zustand:
Das aufwendig gestaltete Grabmal aus Sandstein befindet sich in einem sehr guten Zustand.

Gestaltung:
Auf einer quadratischen Grundplatte mit ausgeklinkten Ecken steht ein mit Simsen verzierter Sockel mit kreuzförmigem Grundriss. Die Ost- und die Westseite des Sockels tragen erhabene Inschriften. Über dem Sockel erhebt sich ein Säulenstumpf mit horizontaler Schnittfläche. Die Säule ist mit einer Girlande aus Lorbeerblättern geschmückt, die scheinbar durch zwei rechteckige Metallösen auf der Nord- bzw. Südseite am oberen Rand des Säulenstumpfes gehalten wird. Auf dem Säulenstumpf fußt auf einer quadratischen Platte, die hinter dem Rand der Säule zurückbleibt, eine Urne, die von einem durch zwei Ösen laufenden Stoffband umfasst wird.

Inschrift Ostseite:
FRAV CHARLOTTE LOVISE SCHULTZ
GEB: ALEX.
+ 20 DEC: 1783
ALT. 41 JAHR.

Inschrift Westseite:
Siehe Bilderzeile Nr. 1

Anmerkung:
Als interessant und aufschlussreich zu den Besonderheiten dieses Grabmals ist der Aufsatz „Aus der neuern Vorzeit. 94. Eine griechische Grabschrift auf dem Kirchhof zu Dambeck.“ hervorzuheben, der im „Altmärkischen Intelligenz- und Leseblatt“, Jahrgang 1819, S. 371f erschien: „Seit dem Jahre 1784 steht auf dem Kirchhofe zu Dambeck in der Altmark ein Grabmahl. von der Hand treuer Liebe gesetzt, auf welchem sich (und das ist nicht bloß in der Altmark, sondern auch in ganz Deutschland gewiß eine Seltenheit) eine griechische Inschrift befindet. Seit jenem Jahre (seit 35 Jahren also) sind viele hundert Menschen aus allen Ständen vor diesem hochliegenden und deshalb weitgesehenen Kirchhofe vorbeigefahren, geritten und gegangen: aber von Hunderten wol nicht Zehn jenes Denkmal näher betrachtet, und von diesen Zebu kaum einer seine Inschrift verstanden. Vielleicht geschieht manchem künftig vor Dambecks wirklich schönem Gottesacker Vorbeireisenden durch diesen Aufsatz ein Dienst, der das gedachte Denkmal beschreiben und seine Inschrift erklären soll.
In dem erwähnten Jahre lebte nämlich auf dem Schulamte Dambeck der Oeconomie-Beamter: Christoph Wilhelm Schulze. Dieser, auch in moralischer Hinsicht, treffliche Mann hatte in seiner Jugend in Halle und Göttingen die Rechtswissenschaft (Jura) studirt, und es in der, damals lange noch nicht so sehr, wie jetzt auch von den Rechtsgelehrten verlangten herrlichen griechischen Sprache doch so weit gebracht, daß den ältesten Barden Griechenlands, Homerus zu seiner täglichen Lectüre machen, und ihn wie einen Dichter seiner Nation verstehen konnte. Am Ende des Jahres 1783 verlor er seine erste Gattinn, eine Tochter des zu Disdorf verstorbenen Predigers Alex. Nur 5 Jahre hatte er mit ihr in einer glücklichen und zufriedenen Ehe gelebt. Sein gefühlvolles Herz ward durch diesen Verlust tief gebeugt. Nur die Hoffnung auf das Jenseits des Grabes konnte ihn aufrichten. Und diese Hoffnung sprach ihm aus der oft gelesenen, und durch ihre edle Einfachheit so sehr gefallenden Grabschrift, die einst Griechenlands gepriesener Dichter Kallimachos auf seinen Freund Saon verfertigt hatte, besonders kräftig an *). Er wählte also dieselbe für das Denkmal, das er seiner früh verewigten treuen Lebensgefährtinn zu errichten beschloß. Diese besteht nun aus weißem Sandstein, ist 6 Fuß hoch, und geht, recht brav von dem Maurermeister Gädke in Salzwedel verfertigt, in eine, von einer Rosenkette umwundene Urne aus.
Auf der Abendseite lieset man:
Siehe Bilderzeile Nr. 2
Nach dem Ideengange des gelehrten, nun auch schon der Erde entrissenen, Mannes würde dies im Deutschen etwa so lauten **):
Hier schläft den heiligen Schlaf die gut Gattin und Mutter: Sage ja, Wandrer! nicht, dass sterben die Guten Auf der Morgenseite steht einfach schön: Frau Charlotte Louise Schulze, geb. Alex gest. den 20sten Dec. 1783, alt 41 Jahr.
Die drei Brüder dieser im Grabe so von ihrem trauernden Gatten, geehrten Frau, und ihre mit demselben erzeugte Tochter, schlafen, so wie er selbst, auch schon den heiligen Schlaf. Nur eine Tochter ihrer ersten Ehe, verheirathet an einen Königl. Preuß. Regimentsquartiermeister Hrn. Schlieckmann, ist noch am Leben. Es ist nicht unmöglich, daß ihr, dieser wackern und vermögenden Frau, gegenwärtige Zeilen zu Gesichte kommen. In diesem Falle ein Wort an sie und ihre Verwandte! Der Zahn der Zeit nagt auch an dem beschriebenen Denkmal, wie an jedem andern menschlichen Werke. Die Buchstaben der Grabschrift werden, jetzt zwar noch leserlich, wegen des immer mehr zwischen den Vertiefungen derselben sich anhäufenden Mooses mit jedem Jahre unleserlicher. Wie wäre es, wenn die gute Tochter sie zur Ehre der geliebten Mutter, und denkenden altmärkischen Lesern zum Nutzen reinigen, die Buchstaben vergolden, und da ganze von Liebe und Besonnenheit zeugende Denkmal mit einem Geländer4 umgeben ließe? Gern verspricht dann der Prediger des Orts aufs neue, um dasselbe, als seltene Zierde des Kirchhofs, Rosen und Lilien zu pflanzen, und für deren Erhaltung zu sorgen! –
*) Zur Vergleichung für Gelehrte stehe sie hier wörtlich aus Kallimachos (Analicten I, 472. N. XLIX.)
Siehe Bilderzeile Nr. 3
d. i.: Hier schläft Saon, Dicons Sohn der Akanthier, den heiligen Schlaf. Sage nicht, daß die Guten sterben.
**) Die Worte: gute Gattinn und Mutter, und: ja Wandrer, sind zur Erklärung eingeschaltet.“
Als Verfasser könnte der Unterzeichner „K.“ des vorhergehenden Artikels gelten. Dahinter steht vermutlich der Mitherausgeber „Prediger J. S. F. Kahlbau in Klinke“, hinter dem sich nach Czubatynskis „Evangelischem Pfarrerbuch für die Altmark“ Johann Samuel Friedrich Kahlbau (1799 - 1831 Pfarrer in Klinke) verbirgt (Mitteilung Steffen Langusch, Stadtarchivar in Salzwedel).
Vgl. dazu auch den von Karl Gaede verfassten Artikel: „Eine griechische Grabinschrift auf dem Friedhof zu Dambeck“, erschienen in „Der Altmarkbote. Kulturblätter für Stadt und Land“, 5. Jg., Heft 11, November 1960, S. 333-335.
Charlotte Louise Alex war eine Tochter von Adam Friedrich Alex (1734 - 1776 Pastor in Diesdorf). Über ihren ersten Ehemann NN Helmholtz sind im Kirchenbuch von Dambeck/Amt Dambeck außer dessen Name keine weiteren Angaben recherchierbar. In zweiter Ehe heiratete sie im Amt Dambeck am 20. Oktober 1778 den dortigen Amtmann Christoph Wilhelm Schulz (* um 1742 † Amt Dambeck 11. Januar 1786, nach kurzer Krankheit). Bei ihrem Ableben wurde im Kirchenbuch vermerkt: „Sie ruhet auf dem Dorff-Dambeckschen Kirch Hoff“. Nach ihrem Tod verheiratet sich Amtmann Schulz in zweiter Ehe am 20. Juli 1784 mit Anna Catharina von Koven.

Lage:
Das Grabmal steht auf dem Kirchhof nördlich der Apsis der Kirche.

Foto und Text:
Frank Moldenhauer, Magdeburg 2017/2020